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Eine Erfolgsstory

aufgeschrieben von Jana Schulte

 
Nein, geplant war mein Sohn nicht.  Ein Kinder-Typ war ich nicht wirklich… Ich war lange Zeit sehr suchend und mir nicht im Klaren, wohin mit mir… ich wusste schon, dass ich Talente habe – aber was damit anfangen, das war ein einziges hin & her. Um an Nachwuchs ernsthaft auch nur zu denken, hatte ich immer viel zu viel Angst, auch vor der Verantwortung – ich fühlte mich selber ja noch gar nicht „fertig“. Ich habe immer schon Tiere sehr geliebt, aber mit Kindern konnte ich nicht wirklich etwas anfangen…

Als ich Julianos Vater kennenlernte, war ich mit meiner Selbstsuche/-findung zumindest  schon in einer ganz guten Richtung angelangt. Er und ich hatten eine wirklich schöne Zeit und sprachen auch von gemeinsamer Zukunft, aber um Kinder zu planen, waren wir zu dem Zeitpunkt nicht lange genug zusammen; er war gerade erst mit dem Studium fertig und ich dabei eins aufzunehmen.

So. Nun war es aber passiert, ich war schwanger! Für mich war es komischerweise sofort klar,  dass diese kleine Person da in meinem Bauch  herzlich willkommen und bei mir genau richtig ist. Ich wusste nicht wie, wohl aber, dass ich es schaffe, auch wenn ich Angst hatte und obwohl die äußeren Umstände denkbar ungünstig erschienen.

Außer der  unsicheren finanziellen/beruflichen Situation vom Vater und mir, kam vor allem hinzu, dass er zwei Wochen vor dieser Neuigkeit  Aachen  verlassen hatte; wir wollten zusammenbleiben und befanden uns im Fernbeziehungsmodus auf Zeit. Er war überrascht über die Schwangerschaft – so wie ich. Und schien dann zuversichtlich und auch freudig. Interessiert. Und besorgt – wie junge Eltern das eben so sind… er wollte so oder so schnellst möglich zurückkommen…

Als es dann immer konkreter um seine Rückkehr ging, änderte sich plötzlich etwas. Was los war bei ihm, habe ich nie herausgefunden. Nach einem Streit war er für mich nicht mehr erreichbar. Da war ich knapp im 3. Monat schwanger.

Meine Eltern, mein Bruder, meine Schwester (die bei der Geburt dabei war) – meine ganze Familie, meine beste Freundin, die haben sich total gefreut. Und auch wenn es innerhalb der eigenen Bande oft alles andere als reibungslos abläuft in unserer Familie – sie haben alle hinter Juliano und mir gestanden. Von Anfang an. Ich weiß:  Egal was für Querelen wir mal wieder haben, wenn es drauf ankommt, kann ich immer auf sie zählen – das ist unbezahlbar!!!

Andere enge Freundschaften brachen noch während meiner Schwangerschaft  auseinander. Ich war die erste aus meinem Freundeskreis, die ein Kind bekam. Plötzlich klafften Welten auseinander, trotz eines schon reiferen Alters. Das war schlimm für mich und enttäuschend… ich saß da, schwanger, mich nur übergebend, verlassen vom Vater und fertig mit den Nerven – viel Verständnis habe ich von vielen nicht bekommen.  Alles was zusätzlich negativen Stress verursachte, habe ich dann schnell von mir weg gestoßen – das war richtig überlebenswichtig in dieser Zeit. Sonst konnte ich das alles nicht schaffen. Der Schutz-und Beschützer-Instinkt für mein Kind und mich selbst prägte sich von da an sehr aus. Ich merkte: So ein Kind macht einen sehr verletzlich und gleichzeitig enorm stark und konsequent.  Man macht sich viele Sorgen und hat gleichzeitig so viel Vertrauen in die eigene Kraft und weiß zu bellen und zu beißen, wenn es sein muss!

Die „Trennung“ und das alles mit dem Vater war mir so fremd, das war für mich, als ob der, mit dem ich hier so glücklich und nah gewesen war, auf dem Weg von mir fort einfach verschwunden oder  tot wäre... Vielleicht ist das der Grund, wieso ich ihn und unsere gemeinsame Zeit immer noch  gerne erinnere. Generell sind da alle möglichen Gefühle, was ihn angeht. Wut, Enttäuschung, Verletztheit … Tränen und viele Fragezeichen gibt es immer wieder mal. Kommt da nochmal irgendwas von ihm? Und wenn ja, was??? Der Gedanke ist am schwierigsten für mich, und dieses Ungewisse macht mir auch  Angst... Nun, ich  versuche das Ganze zu verarbeiten – immer ein bisschen mehr, vielleicht immer. Es ist weder der klassische Liebeskummer oder der klassische Groll bei gebrochenem Herzen. Dieser Mann wird immer der sein, von dem ich einen Teil in der Mimik , Gestik und in den schönen braunen Augen meines Sohnes widererkenne. Nur lieben oder nur hassen tue ich diesen Mann nicht. Ich bin froh, dass ich meinem Sohn irgendwann erzählen kann, dass er aus einer Liebe heraus entstanden ist – unabhängig davon, was später aus dieser Liebe wurde. Was er später einmal darüber wissen möchte, werde ich ihm erzählen. Die unschönen Dinge, aber auf jeden Fall auch die schönen, die guten Seiten seines Vaters. Das finde ich ganz wichtig.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich in meiner Mutterrolle sicher fühlte, ich denke das ist ganz normal. Und muss immer wieder „upgedatet“ werden. Mir fehlt  ein guter Vater für Juliano und (Ehe) Mann für mich. Dieses Gefühl  akzeptiere ich mittlerweile. Das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht trotzdem froh über diese intensive Erfahrung bin und darin durchaus Sinn erkenne. Ich wachse über mich hinaus und die Beziehung zu meinem wunderbaren Sohn ist eine ganz spezielle. Nicht unbedingt  besser oder  schlechter als bei anderen Familienmodellen . Es ist einfach eine andere und auf ihre Weise sehr besondere.  Das spüre ich jeden Tag. Sich nach dem Vater-Part im Nest zu sehnen und trotzdem für das Besondere am Hier und Jetzt dankbar zu sein, das steht nicht im Widerspruch zueinander.

Ich muss sagen, dass es in Deutschland außerdem wirklich sehr viele und tolle Unterstützungen für junge Eltern und eben auch für Alleinerziehende gibt. Von finanziellen Unterstützungen bis hin zu der seelischen und auch tatkräftigem „da sein“ und helfen.  Besonders Initiativen, die Alleinerziehende untereinander vernetzten und viele andere Unterstützungen anbieten haben mir/uns  sehr geholfen. Die haben Babysitter vermittelt, einem Mut gemacht in schwierigen Phasen und waren fast eine Art Zusatz-Familie. Da habe ich ganz tolle und besondere neue Kontakte geschlossen, auch neue Freundschaften gefunden und viel Verständnis und liebevolle Hilfe bekommen! (Damit meine ich vor allem VAMV und Netzanschluss!).

Ich bin oft fertig mit den Nerven, müde, genervt und es ist hart, hart, hart ein Kind alleine groß zu ziehen. Die Verantwortung, jede kleine und jede große Entscheidung für uns alleine zu treffen und keinen zu haben, der aus der gleichen Selbstverständlichkeit wie ich  für den Kleinen sorgt. Ohne dass ich fragen und organisieren, Geld bezahlen und danke sagen muss… dieses Sich-nicht-abwechseln-können und im Grunde immer 24-Stunden/7 Tage/Woche-Bereitschaft zu haben – das ist sehr, sehr anstrengend. Bei uns muss viel nebeneinander laufen: spielen, Haushalt, kochen, einkaufen, Dinge verbieten, Dinge ausprobieren lassen, aufräumen, ihn Schweinerei machen lassen, immer ein Auge und/oder ein Ohr bei dem Kleinen haben. Das geht ja den meisten Elternteilen so, die mit dem Kind über Tag allein zu Hause sind –ich habe dann auch noch die „Nachtschicht“, jeden schweren Einkauf, jede Überlegung, was wann gemacht werden muss etc . Man muss hervorragend organisiert sein, eine strukturierte Grundordnung ist sehr hilfreich dabei, und gleichzeitig muss man flexibel sein, mal locker lassen und Chaos Chaos sein lassen, intuitiv alle Pläne umschichten und auf das Befinden und die Bedürfnisse des Kindes und des eigenen Energiehaushalts anpassen können. Vor Kurzem kam langsam die Zeit, in der der Kleine sehr aktiv wurde, seither viel Unterhaltung und Aufmerksamkeit braucht, und ich auch wieder aktiver am Leben außerhalb des Mama-Seins teilnehmen möchte. mal ab und an ausgehen, Sport machen, arbeiten. Nun, so muss eben das gelegentliche Ausgehen gut vorausgeplant werden und meinen geliebten Sport mache ich abends im Wohnzimmer, wenn er schläft oder gehe morgens mit ihm im Kinderwagen joggen :-). Und die Suche nach einem geeigneten Kita-Platz läuft. Soll heißen: Es geht schon alles, wenn man es möchte. Es ist eine Organisations-und  Willensfrage. Und eine Frage des Gespürs, wann was zu welchem Zeitpunkt passend ist.

In jedem Fall ist es wichtig als Team zu funktionieren, jeder muss mal auf irgendeine Weise zurückstecken… das geht gar nicht anders. Ich habe mal irgendwo ein Interview gelesen, da sagte eine Dame, dass Söhne von allein erziehenden Müttern angeblich verweichlicht aufwachsen sollen und später keine „richtigen Männer“ werden – haha – das ist ja der größte Quatsch! Ich finde, mein Kleiner steht  jetzt schon oft seinen Mann und macht das prima und souveräner als so manches ausgewachsene  Exemplar :-) ! Der ist für mich der absolute Held.

Erstaunlicherweise mache ich jetzt, wo ja viel weniger freie Zeit zur Verfügung steht, viel mehr Dinge, die ich ewig nicht getan habe, es aber immer wollte! Wie Texte veröffentlichen, an einem Buch arbeiten, sonst welche kreativen Ideen umsetzten, zur Zeit natürlich Bewerbungen schreiben, diverse Heimwerkereien u. ä. Ich bin viel klarer mit meinen Zielen und viel ehrgeiziger und konsequenter als vorher. Wenn die Zeit und Gelegenheit gerade da ist, um etwas zu tun, tue ich es – ich diskutiere da nicht mehr lange mit mir. Für Selbstzweifel habe ich einfach keine Zeit :-) Und das ist gut so! Ich weiß, was ich will, aber auch, dass ich meine Energie gut einteilen  muss – weil ich für mein Kind gut funktionieren will. Das motiviert mich, meine Dinge zu machen und schützt mich ebenso davor, mich zu übernehmen. Das war vorher definitiv nicht so. Meine Mutterrolle treibt mich zu Höchstleistungen an und hält mich in der Spur.

Und, was soll ich sagen, plötzlich klappt alles! Um nichts in der Welt möchte ich mit irgendwem tauschen, ich liebe und genieße mein Leben mehr als je zuvor. Es ist mehr mit wirklichem Leben erfüllt als vorher. Ich habe viel weniger Zeit für mich zur Verfügung und muss ständig auf allen Kanälen aktiv und aufmerksam agieren, schlafe wenig. Und genau dadurch lebe ich sehr im und für das Hier und Jetzt und koste jeden Moment – und natürlich die seltenen – voll aus. Ich war noch nie so selbstsicher, so stark, hatte noch nie eine so große Schwäche für jemanden :-) . Ich habe noch nie jedes Gefühl  von Wut bis Hingabe so akzeptiert bei einem anderen (Juliano), noch bei mir selbst und habe mir selbst und meinen Wegen noch nie so sehr vertraut.

Wer hätte das gedacht? Ich gehe jetzt endlich meinen Weg – nicht trotz meines Kindes – sondern genau deswegen!

Ich bin glücklich. Und mein Kind hoffentlich auch!

Und ja – für die Zukunft wünsche ich mir einen tollen Job, ein Haus, irgendwann einen Mann, weitere Kinder. Früher war mir diese Vorstellung  unangenehm. Spießigkeit und Langeweile. Das ist jetzt anders. Ein ganz klassischer, ordentlicher Rahmen lässt viel mehr Raum für charmantes Chaos und unkonventionelle Attitüden. Familie, das ist für mich das größte Wunder, die größte Challenge, die Chance so viel zu lernen, zu begreifen und das tollste Abenteuer. Schon jetzt zu zweit . Und ich wünsche mir mehr davon, ganz klar. Keine großen Reisen, keine ausschweifenden Parties , kein krampfhaftes  gegen-den-Strom-Schwimmen brauche ich, um mich abzuheben von der Masse. Einzigartig bin ich, ist meine Familie, mein Leben doch sowieso :-) .

Ich liebe mein Kind so sehr, er ist alles für mich. Ich mag auch mich wieder mehr  und hege für alle unsere Wünsche und Sehnsüchte Zuversicht. Alles ist gut, wenn er lächelt. So ist das.

Tja, das ist meine Geschichte bis hierher. Ich denke, für jeden ist es anderes allein erziehend zu sein, jeder hat seine eigene Story, seine eigenen Themen – es gibt da nichts zu verallgemeinern, jede Geschichte ist ganz individuell.

Juliano Mio Noel heißt mein Sohn mit seinen 3 Vornamen. Das bedeutet so viel wie: Juliano, mein Licht nach der Dunkelheit. Und so ist das auch. Genauso ist das mit ihm. Für mich ist unsere Geschichte eine Erfolgsstory auf ganzer Linie, egal was noch kommt – ich weiß, dass wir das prima schaffen!
So oder so. Jetzt und immer.


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